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Und täglich grüßt das Google-Tier

Saturday, May 17th, 2008

Google erinnert mich immer ein wenig an die Komödie aus dem Jahr 1993 „Groundhog Day“ mit Bill Murray, bei uns ist der Film bekannt unter dem Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“. So wie Bill Murray immer wieder den selben Tag erleben muss, dürfen/müssen wir miterleben, wie uns Google jeden Tag mit Google-News überhäuft (oder sagt man zumüllt dazu?). Aber das ist gut so, denn sonst hätten ja Portale wie Googlewatchblog nichts zu schreiben (für kritische wie auch unkritische Google-Konsumenten ein wirklich informatives Portal…mein ich ehrlich).

Google wird mittlerweile von verschiedensten Seiten kritisiert, von Datenschützern, Wettbewerbshütern und Konsumentenvertretern….Um zu verhindern, dass Googles Einstellung zu Datenschutz und Privatsphäre thematisiert wird, versorgt man die Internet-Nutzer mit vielen vielen Positiv-Nachrichten aus der Google-Welt. Und lenkt damit geschickt von den kritischen Nachrichten ab. Eine Supermasche.

Gratulieren muss man dem Google-Sprecher Kay Oberbeck, dem es gelungen ist, die renommierte „Zeit“ zu überzeugen, ein Interview mit Googles obersten Datenschützer Peter Fleischer zu führen. Das Interview hat Götz Hamann geführt und ist bereits am 1.Mai erschienen, trägt den Titel „Man muss lernen, anonym zu bleiben.“ Google ist allerdings alles andere als der ideale Lehrmeister….

Da ich mich doch ein wenig intensiver mit Google beschäftigt habe, sind mir gleich einige Ungereimtheiten aufgefallen. Entweder hat Fleischer wirklich keine Ahnung (was ich fast annehme), oder er glaubt, die meisten Internet-Nutzer sind Dummköpfe….

Fleischer sagt: „Unsere Maschinen kennen keinen der mehr als 500 Millionen Google-Nutzer persönlich, und wir wollen das auch nicht.“

Unsinn weil: Bei einem Marktanteil von 60 Prozent weltweit hat Google bereits mehr als 800 Millionen Nutzer – nachrechnen Herr Fleischer. Wer einen nametlichen Google-Account hat, ist namentlich bekannt. Was ist mit den verschiedenen AdWords und AdSense-Kunden Herr Fleischer. Google kennt die nicht? Und an wen wird das Geld überwiesen? An „Nonames“? Das „und das wollen wir auch nicht“ lass ich mal im Raum stehen…Bullshit

Fleischer sagt: Wir zeichnen wie die meisten Anbieter den sogenannten Search-Log auf: Darin enthalten ist eine Kennnummer des Computers (die IP-Nummer), der sich mit unserem Angebot verbindet. Dazu kommt die Zeitangabe und ein Datumsstempel, ein Hinweis darauf, welcher Browser verwendet wird, damit unsere Seite grafisch richtig dargestellt wird. Gespeichert wird auch, ob jemand google.de oder google.com angesteuert hat. Zudem zeichnen wir den Suchbegriff auf und die Nummer des sogenannten Cookies.

Unsinn weil: Es stimmt zwar, dass diese Daten aufgezeichnet werden, es werden aber noch viel mehr Daten gesammelt. Was ist mit den vielen Infos, die Google so über Google Analytics sammelt? Da sind auch noch geografische Informationen dabei etc. Was ist mit den Dutzenden Patenten, die Google in den Bereichen „User-Tracking“, „User-Analyzing“ oder „User-Predicting“ hat. Davon hat Herr Fleischer keine Ahnung; oder will er keine haben oder hat er keine Zeit, sich umfassend zu informieren, weil er ja damit seine Zeit verbringt, Googles Methoden schön zu reden?

Fleischer sagt:Wir können nur feststellen, welche Suchanfragen von ein und demselben Computer kommen. Welche Person vor einem Rechner sitzt, wissen wir nicht und es interessiert uns ebenso wenig wie persönliche Angaben über Wohnort oder Name.

Unsinn weil: Die Tatsache feststellen zu können, von welchem Rechner eine Suchanfrage kommt, verrät doch schon sehr viel…Banales Beispiel: Was ist, wenn der Computer in einem Single-Haushalt steht? Ach ja, da kann ja die Putzfrau zufällig auch googlen….Dass Google weder an Name oder Wohnort interessiert ist, ist wieder die Unwahrheit, weil Googles Ziel ist, die Suche zu personalisieren und weil bei AdWords lokale Werbeschaltungen möglich sind….da ist der Wohnort sehr wohl interessant…

Die Frage zu den Cookies ist insofern spannend, weil er in seiner Antwort zugibt, dass die Internet-Nutzer in einer Falle sind und sie nicht los werden können, weil dann gewisse Dinge nicht mehr funktionieren…
Fleischers Behauptung, dass Google als erste große Suchmaschine das Verfallsdatum der Cookies auf zwei Jahre beschränkt habe, entspricht auch nicht der Wahrheit. Warum habe ich auf meinem Rechner Google-Cookies, die bis 2038 gültig sind? Rechnen lernen Herr Fleischer.

Fleischer sagt: Wir haben eine Datenbank mit sensiblen Themen beziehungsweise Stichwörtern, bei denen keine Werbung angezeigt wird. Diese Datenbank wird ständig aktualisiert und erweitert. Aber beachten Sie bitte: Es kommt auf den Kontext an. Diabetes-Werbung in der ganz normalen Suchmaschine, für die Sie sich nicht anmelden müssen und bei der es keine Möglichkeit gibt, sich persönlich zu erkennen zu geben, finde ich absolut in Ordnung.

Unsinn weil: Bei Gmail oder Google-Mail steht in den Nutzungsbedingungen, dass keine kontextbezogene Werbung geschaltet wird, wenn im E-Mail Begriffe wie Unfall, Tod, Krankenhaus etc. vorkommen. Bei einigen Test-Mails, die ich verschickt habe, wurde trotzdem munter drauf los geworben….

Im Lauf des Interviews gibt Fleischer ja zu, dass doch nicht so alles ganz in Ordnung ist, bzw. hat gegen die kritischen Fragen doch nicht die passende Antwort parat. Am besten nachlesen.

Tag der Entscheidung: AGAINST the stockholder proposal

Thursday, May 8th, 2008

Wenn sich heute im kalifornischen Mountain View die Google-Aktionäre zur alljährlichen Aktionärsversammlung treffen, werden zwei Themen wohl ganz oben stehen: Die geplatzte Übernahme Yahoos durch Microsoft und die Kooperation Googles mit Yahoos - man arbeitet ja testweise in den USA schon seit kurzem fleißig bei der Online-Werbung zusammen, was bei den Suchanzeigen im Web einen Marktanteil von 90 Prozent darstellen würde. Eine Marktdominanz wie sie schlimmer nicht sein könnte. Wie wäre eine Welt, in der 90 Prozent der Autos VW-Golf-Modelle wären, was sicherlich VW freuen würde, aber kein Zeichen von Vielfalt wäre. Das wäre eine monotone Gesellschaft a la George Orwell.
Ich bin gespannt, was die Google-Direktoren ausgebrütet haben und ihren Aktionären verraten werden. Aber das Hilfsangebot Googles an Yahoo! war meiner Meinung nach peinlich genug, der Anruf Eric Schmidts an Jerry Yang, dass man Yahoo! unterstützen werde, nicht von Microsoft geschluckt zu werden. Der Quasi-Monopolist fürchtet die Konkurrenz. Der mächtigste und gefährlichste im Web warnt vor einem, der die Zähne verloren hat…

Das eigentlich Spannende sind aber zwei Anträge, die heute gestellt werden, und das möchte ich in Erinnerung rufen. Es stehen nämlich zwei weitere Themen an der Tagesordnung. Die Ober-Googler werden sich aber nicht lange damit aufhalten und die Themen vom Tisch wischen, wie die Tagesplanung beweist. Die Lektüre des „2008 ANNUAL MEETING OF STOCKHOLDERS NOTICE OF ANNUAL MEETING AND PROXY STATEMENT“ ist jenen zu empfehlen, die nach wie vor der Meinung sind, dass Google eine brave Firma ist und nichts Böses tut….(das hab ich ja schon im März, als bekannt geworden ist, wie die Google-Chefs mit kritischen Anträgen und kritischer Stimmung umgehen, geschrieben).

Der New Yorker Rechnungshof „Office of the Comptroller of New York City“ und das Kloster „St. Scholastica“ haben einen Antrag gestellt, dass sich Google gegen Zensur stellen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Presse unterstützen und Daten von Nutzern nicht mehr speichern soll.
Das sind die Forderungen (Proposel 4) im Originaltext:

1) Data that can identify individual users should not be hosted in Internet restricting countries, where political speech can be treated as a crime by the legal system.
2) The company will not engage in pro-active censorship.
3) The company will use all legal means to resist demands for censorship. The company will only comply with such demands if required to do so through legally binding procedures.
4) Users will be clearly informed when the company has acceded to legally binding government requests to filter or otherwise censor content that the user is trying to access.
5) Users should be informed about the company’s data retention practices, and the ways in which their data is shared with third parties.
6) The company will document all cases where legally-binding censorship requests have been complied with, and that information will be publicly available.

Im nächsten Antrag (Proposal Nr. 5) wird von Harrington Investments ein eigenes Menschenrechts-Komitee gefordert.

Der Originaltext:

Board Committee on Human Rights. There is established a Board Committee on Human Rights, which is created and authorized to review the implications of company policies, above and beyond matters of legal compliance, for the human rights of individuals in the US and worldwide…..
The proposed Bylaw would establish a Board Committee on Human Rights which would review and make policy recommendations regarding human rights issues raised by the company’s activities and policies. We believe the proposed Board Committee on Human Rights could be an effective mechanism for addressing the human rights implications of the company’s activities and policies as they emerge anywhere in the world. In defining “human rights,” proponents suggest that the committee could use the US Bill of Rights and the Universal Declaration of Human Rights as nonbinding benchmark or reference documents.

Mich erschüttert die Antwort bzw. Empfehlung der Google-Direktoren an die Aktionäre, die für mich ein eindeutiges Indiz sind, dass es Google mit Datenschutz und Menschenrechten nicht sehr ernst nimmt und dass Googles Datenschützer Peter Fleischer so was wie ein Maler und Anstreicher ist, der die bunte Google-Fassade und das coole Image immer frisch halten muss. Das ist die Antwort auf beide Anträge - bildet euch eure eigene Meinung…

Recommendation: Our board of directors recommends a vote AGAINST the stockholder proposal.