Und täglich grüßt das Google-Tier
Google erinnert mich immer ein wenig an die Komödie aus dem Jahr 1993 „Groundhog Day“ mit Bill Murray, bei uns ist der Film bekannt unter dem Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“. So wie Bill Murray immer wieder den selben Tag erleben muss, dürfen/müssen wir miterleben, wie uns Google jeden Tag mit Google-News überhäuft (oder sagt man zumüllt dazu?). Aber das ist gut so, denn sonst hätten ja Portale wie Googlewatchblog nichts zu schreiben (für kritische wie auch unkritische Google-Konsumenten ein wirklich informatives Portal…mein ich ehrlich).
Google wird mittlerweile von verschiedensten Seiten kritisiert, von Datenschützern, Wettbewerbshütern und Konsumentenvertretern….Um zu verhindern, dass Googles Einstellung zu Datenschutz und Privatsphäre thematisiert wird, versorgt man die Internet-Nutzer mit vielen vielen Positiv-Nachrichten aus der Google-Welt. Und lenkt damit geschickt von den kritischen Nachrichten ab. Eine Supermasche.
Gratulieren muss man dem Google-Sprecher Kay Oberbeck, dem es gelungen ist, die renommierte „Zeit“ zu überzeugen, ein Interview mit Googles obersten Datenschützer Peter Fleischer zu führen. Das Interview hat Götz Hamann geführt und ist bereits am 1.Mai erschienen, trägt den Titel „Man muss lernen, anonym zu bleiben.“ Google ist allerdings alles andere als der ideale Lehrmeister….
Da ich mich doch ein wenig intensiver mit Google beschäftigt habe, sind mir gleich einige Ungereimtheiten aufgefallen. Entweder hat Fleischer wirklich keine Ahnung (was ich fast annehme), oder er glaubt, die meisten Internet-Nutzer sind Dummköpfe….
Fleischer sagt: „Unsere Maschinen kennen keinen der mehr als 500 Millionen Google-Nutzer persönlich, und wir wollen das auch nicht.“
Unsinn weil: Bei einem Marktanteil von 60 Prozent weltweit hat Google bereits mehr als 800 Millionen Nutzer – nachrechnen Herr Fleischer. Wer einen nametlichen Google-Account hat, ist namentlich bekannt. Was ist mit den verschiedenen AdWords und AdSense-Kunden Herr Fleischer. Google kennt die nicht? Und an wen wird das Geld überwiesen? An „Nonames“? Das „und das wollen wir auch nicht“ lass ich mal im Raum stehen…Bullshit
Fleischer sagt: Wir zeichnen wie die meisten Anbieter den sogenannten Search-Log auf: Darin enthalten ist eine Kennnummer des Computers (die IP-Nummer), der sich mit unserem Angebot verbindet. Dazu kommt die Zeitangabe und ein Datumsstempel, ein Hinweis darauf, welcher Browser verwendet wird, damit unsere Seite grafisch richtig dargestellt wird. Gespeichert wird auch, ob jemand google.de oder google.com angesteuert hat. Zudem zeichnen wir den Suchbegriff auf und die Nummer des sogenannten Cookies.
Unsinn weil: Es stimmt zwar, dass diese Daten aufgezeichnet werden, es werden aber noch viel mehr Daten gesammelt. Was ist mit den vielen Infos, die Google so über Google Analytics sammelt? Da sind auch noch geografische Informationen dabei etc. Was ist mit den Dutzenden Patenten, die Google in den Bereichen „User-Tracking“, „User-Analyzing“ oder „User-Predicting“ hat. Davon hat Herr Fleischer keine Ahnung; oder will er keine haben oder hat er keine Zeit, sich umfassend zu informieren, weil er ja damit seine Zeit verbringt, Googles Methoden schön zu reden?
Fleischer sagt: …Wir können nur feststellen, welche Suchanfragen von ein und demselben Computer kommen. Welche Person vor einem Rechner sitzt, wissen wir nicht und es interessiert uns ebenso wenig wie persönliche Angaben über Wohnort oder Name.
Unsinn weil: Die Tatsache feststellen zu können, von welchem Rechner eine Suchanfrage kommt, verrät doch schon sehr viel…Banales Beispiel: Was ist, wenn der Computer in einem Single-Haushalt steht? Ach ja, da kann ja die Putzfrau zufällig auch googlen….Dass Google weder an Name oder Wohnort interessiert ist, ist wieder die Unwahrheit, weil Googles Ziel ist, die Suche zu personalisieren und weil bei AdWords lokale Werbeschaltungen möglich sind….da ist der Wohnort sehr wohl interessant…
Die Frage zu den Cookies ist insofern spannend, weil er in seiner Antwort zugibt, dass die Internet-Nutzer in einer Falle sind und sie nicht los werden können, weil dann gewisse Dinge nicht mehr funktionieren…
Fleischers Behauptung, dass Google als erste große Suchmaschine das Verfallsdatum der Cookies auf zwei Jahre beschränkt habe, entspricht auch nicht der Wahrheit. Warum habe ich auf meinem Rechner Google-Cookies, die bis 2038 gültig sind? Rechnen lernen Herr Fleischer.
Fleischer sagt: Wir haben eine Datenbank mit sensiblen Themen beziehungsweise Stichwörtern, bei denen keine Werbung angezeigt wird. Diese Datenbank wird ständig aktualisiert und erweitert. Aber beachten Sie bitte: Es kommt auf den Kontext an. Diabetes-Werbung in der ganz normalen Suchmaschine, für die Sie sich nicht anmelden müssen und bei der es keine Möglichkeit gibt, sich persönlich zu erkennen zu geben, finde ich absolut in Ordnung.
Unsinn weil: Bei Gmail oder Google-Mail steht in den Nutzungsbedingungen, dass keine kontextbezogene Werbung geschaltet wird, wenn im E-Mail Begriffe wie Unfall, Tod, Krankenhaus etc. vorkommen. Bei einigen Test-Mails, die ich verschickt habe, wurde trotzdem munter drauf los geworben….
Im Lauf des Interviews gibt Fleischer ja zu, dass doch nicht so alles ganz in Ordnung ist, bzw. hat gegen die kritischen Fragen doch nicht die passende Antwort parat. Am besten nachlesen.
Tags: Cookies, Datenschutz, Google-Mail, Kay Oberbeck, Peter Fleischer, Privatsphäre
May 26th, 2008 at 2:45 pm
Herr Reischl, bei allem Respekt gegenüber Ihren Bemügungen den Datenschutz zu fördern, sind Ihre Ausführungen ebenso “Bullshit”:
- Dass Google das Thema Datenschutz angeht und darüber berichtet, sollte man loben und nicht verteufeln. Schließlich ist eine offene Debatte der erste Weg zur Besserung.
- Die Benutzerzahl von Google ist schwer zu ermitteln. Die wenigen vorhandenen Studien zur aktuellen Zahl der Internet-Nutzer kommen zu höchst unterschiedlichen Zahlen, dabei über die ebenfalls geschätzte Reichweite von Google auf die Nutzerzahl zu schliessen, ist höchst ungenau und fahrlässig. Da eben Google nicht seine Nutzer kennt, ist eine eigene Berechnung nicht möglich.
- Nur weil eine Firma Patente besitzt, heisst dies noch lange nicht, dass diese auch zur Anwendung kommen. Können Sie die Anwendung nachweisen oder nur Vermutungen anstellen?
- Beim Werbe-Dienst Adwords werden die Gebühren i.d.R. über Konto-Einzug oder Kreditkarten abgebucht. Dabei erhält Google maximal den Vor- und Nachnamen, bei gewerblichen Kunden wohl häufiger den Firmen-Namen. Eine Auflösung entsprechender Konto- und Kreditkartennummern ist auch für Google ohne Mitwirken der Banken nicht möglich.
- Mit der IP-Nummer eines Rechners kann in geschätzten 90% der Fälle, da diese dynamisch vergeben werden, lediglich auf den örtlichen Sitz des Internet-Zugangs-Providers geschlossen werden. Eine Auflösung der IP-Nummern in einen Wohnsitz, wie Sie es schreiben, ist in der Regel nicht möglich.
Ihre Ausführungen finde ich überwiegend polemisch und schlecht recherchiert. Weiterhin verwenden Sie häufig nicht logische Schlussfolgerungen.
MfG
B.P.
May 26th, 2008 at 9:44 pm
herr/frau b.p oder anonymus…so genau lässt sich ihre identität ja nicht feststellen, weil sie einer der vielen anonymen kritiker/basher sind, denen es an mut fehlt, hinter ihrer meinung zu stehen. ich bin aber sehr dankbar über ihren kommentar, damit die breite masse auch mal mit bekommt, wie so manche kritiker und google-fans “ticken”…ihr kommentar erinnert mich im übrigen an das statement eines teilnehmers am qtalk in wien, der auch meine bemühungen um den datenschutz und die thematisierung der google-problematik lobte, sich aber auch zu gut/zu stolz/zu feige war, seine wahre identität preis zu geben….aber so ist das halt…aber sie schlüpfen offensichtlich gerne in die rolle des google-verteidigers….aus welchen beweggründen auch immer…ich kann mir da schon einige vorstellen…
sie irren sich in vielen punkten….dass google zur thematik des datenschutzes stellung nimmt, als lobend zu bezeichnen - was bleibt dem konzern übrig, nachdem endlich in europa und auch in den usa kritsche stimmen laut werden…ich verteufle es nicht, sondern ich finde die art und weise, wie sich google aus der verantwortung ziehen will und sich selbst als datenschutz-bewahrer präsentiert, ist gelinde gesagt, lächerlich…
ad benutzerzahlen. google selbst verweist immer auf die comscore-zahlen….ihr vorwurf von wegen fahrlässigkeit….ich will dazu gar nichts weiter sagen…aber vielleicht “googeln” sie mal und suchen nach statistiken…
ad patente: ich bin sprachlos ob solcher naivität…..warum hat man patente? lesen sie mal die patentbeschreibungen durch….
ad adwords: ich glaube, ich habe es hier wirklich mit einem naiven menschen zu tun, der nur an das gute des menschen und an das gute von weltkonzernen glaubt….google hat weit mehr daten, als sie für möglich halten (oder wissen sie es ohnehin und beteiligen sie sich am täuschungsmanöver)
ad ip-adresse: diese naivität, dass dynamische ip-adressen nicht zugeordnet werden können, schockt mich schon wieder. wenn dem so wäre, warum sind sich die eu-datenschützer dann so einige, dass eine ip-adresse eine personenbezogene information ist? außerdem ist die ip-adresse, aber das brauch ich ihnen vermeintlichen experten ja nicht näher erklären, nur ein puzzlestein beim user-tracking…..und dass man eine ip-adresse nicht einem wohnsitz zuordnen kann….wer hat ihnen das märchen erzählt? experten bei google?
ihre ausführungen finde ich überwiegend polemisch in der alten definition……der vorwurf der schlechten recherche entlockt mir ein schmunzeln, denn wahre experten sind anderer meinung….
der schlechte recherchierer sind sie herr/frau b.p……
die welt darf keine google werden….ich hoffe, dass wenige auf so schönfärber und alle-sind-so-gut-und-nett-typen wie sie hört…..menschen mit einer einstellung wie der ihren bringen unsere privatsphäre und den datenschutz in gefahr…
G.(erald) R.(eischl)